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Förderprojekt Kleinstadt im wandel

Erstes WANDELrat-Treffen in der Krone

Stephan Willinger: „Homberg ist mutig und innovativ“

Ich bedanke mich bei Ihnen für Ihre Bereitschaft am Homberger WANDELrat teilzunehmen. Und ich werte Ihre Zusage als Kompliment für unsere Stadt Homberg“, begrüßte Bürgermeister Dr. Nico Ritz zusammen mit dem städtischen Fachbereichsleiter für Wirtschaft/Stadtentwicklung/Tourismus, Markus Staedt, die WANDELrat-Mitglieder am 14. März 2025 im Kulturzentrum Krone. Dabei führte Nico Ritz in das Homberger Projekt „Kleinstadt im Wandel“ ein und machte deutlich, dass es den WANDELrat als beratendes Gremium für Transformationsthemen so noch nicht gegeben hat. Homberg sei mit drei weiteren Städten ausgewählt worden, um Wandelthemen zu untersuchen. Homberg als kleinste Kommune dieser vier kommt dabei die Rolle eines Modellprojektes zu, um den Wandel als Instrument der Stadtentwicklung und der Transformation als Daueraufgabe zu untersuchen und einzusetzen.

Dabei ist der WANDELrat ein wichtiges Instrument von mehreren, um Sachverhalte fachlich kritisch zu hinterfragen und den Transformationsprozess fachlich zu begleiten.

Stadtforscher Stephan Willinger, vom Bundesinstitut für Bau-, Stadt-und Raumforschung (BBSR): „Wir beschäftigen uns mit der Transformation als Daueraufgabe und der Frage: Wie kann man dieses Thema dauerhaft in die Stadtentwicklungspolitik einbauen? Beteiligungsprozesse und Stadtplanung sollen gut ineinandergreifen. Es ist toll, dass sich Homberg als Kleinstadt beraten lässt und sich als Wandelstadt bezeichnet. Den WANDELrat gibt es als neuen Weg bisher nur in Homberg. Die Stadt Homberg ist dabei mutig und innovativ.“

Und so beschäftigten sich die WANDELrat-Mitglieder in ihrer mehrstündigen Tagung mit Visionen und Themen der Homberger Stadtentwicklung. Moderiert wurde die Zusammenkunft von Claus Peter Müller von der Grün.

Als Grundlage dieses Diskurses diente ein anschaulicher Spaziergang zu den Orten des Wandels und der Besuch einer Ausstellung „Busbahnhof & MachWerk – unsere Orte“ von Homberger Schüler*innen im KOCHS, den das Gremium am ersten Tag ihres Aufenthaltes, am 13. März 2025, unternahm. Dabei konnten erste Fragestellungen und Handlungsfelder erörtert werden.

Im Gespräch in der Krone am folgenden Tag kam die Frage auf, ob es ein offensichtliches Problem in der Stadt gäbe. Bürgermeister Nico Ritz antwortete: „Ein Problem gibt es so gar nicht, aber Herausforderungen mit dem demografischen Wandel und der Stadtstruktur, denn die Innenstadt hat Kunden, Einwohner und Funktionen verloren. Es gab früher Fehlentscheidungen zugunsten eines Einkaufszentrums am Stadtrand. Dort gab es mehr Handelsfläche als in der Innenstadt. Mit Abzug der Bundeswehr und ihren 3000 Soldaten ging ein Kaufkraftverlust einher, welchen die Stadt nicht verarbeiten konnte.“ Zusätzlich hat die Stadt die Standorte für ein Krankenhaus und das Amtsgericht verloren. Dabei verstärkte sich die Meinung in der Bürgerschaft, dass Homberg alles verliert.

Markus Staedt: „Homberg hat in den nächsten zehn Jahren einen erhöhten Sanierungsbedarf.“ Dafür müsse man Akzeptanz in der Bevölkerung finden und auch junge Menschen zurückholen. Das sei eine komplexe Aufgabe.

Eine Vision sei dabei, dass die Altstadt zum lebendigen „Kiez“ entwickelt wird. „Dies sei eine Daueraufgabe, Wohnen, Leben und Arbeiten weiterzuentwickeln“, so Nico Ritz.

„Hierfür ist das Gremium „WANDELrat“ enorm wichtig, um einen fachlichen Dialog zur Stadtentwicklung zu führen, damit wir auch alles berücksichtigen können“, ergänzte Markus Staedt.

Christiane Varga - Zukunftsforscherin und Soziologin aus Wien: „Ich finde die Idee grandios. Es geht darum, keinen starren Strategieplan zu haben, sondern offen zu sein und die Identitätsfrage zu klären. Was die Stadt ausmacht, ist ihre Identität. Die Tradition mit neuen Werten verknüpfen und auch die Angebote für den lokalen Tourismus können identitätsstiftend sein.“ Es sei wichtig, dritte Orte der Begegnung zu bespielen, z.B. das MachWerk, den Marktplatz, die Stadtmauer mit Blick auf die Feuerwache. Und wichtig sei es auch, die Vorstellungskraft zu schulen.

Karin Haist – Demografie-Expertin der Körber Stiftung in Hamburg: „Für mich ist es eine riesige Bereicherung, bei diesem Projekt mitmachen zu können. Eine Stadt für jedes Lebensalter sollte entstehen. Das soziale Miteinander sollte gestärkt werden und man sollte die „Babyboomer“-Generation in die Stadt einladen. Das sind „Neu-Rentner“ voller Tatendrang. Danke, dass Sie Stadtentwicklung als Prozess verstehen, sich Beratung holen und uns ernst nehmen.“

Prof. Dr. Marc Kirschbaum – ist Professor für Geschichte, Theorie und Zukunft von Architektur und Stadt sowie Entwerfen an der SRH Hochschule Heidelberg: „Wichtig ist die strategische Frage: Wie kann ich welche Akteure erreichen? Nötig ist eine Kommunikationsstrategie, mit der man Dinge möglichst bald sichtbar macht.“ Und man solle das touristische Angebot mit dem Wandelpfad-Thema ausbauen und die Übernachtungsressourcen bedarfsorientiert erhöhen.

Dr. Roland Löffler – Leiter der Sächsischen Landeszentrale für politische Bildung in Dresden: „Schön, dass es innovative Ideen gibt, etwas zu verändern. In Homberg passiert etwas. Dabei ist es für eine stabile demokratische Entwicklung wichtig, ein solides Angebot der Daseinsvorsorge zu machen, damit alle merken: ‚Es kümmert sich jemand um uns.‘ “

Dr. Ines Wilkens – Regionalberaterin für Energiekonzepte, Klimaschutz und kommunale Wärmeplanung der Landesenergieagentur LEA Hessen: „Wichtig ist, dass Bürgern eine preisgünstige Wärmeversorgung verlässlich geliefert wird.“

Die Frage, welches konkrete Projekt der WANDELrat von März bis Oktober beratend begleiten möchte, wurde einstimmig beantwortet: das Mikroquartier Zaubergarten in der Untergasse.

Hier kommen verschiedene Aspekte und Themen zusammen:

  • Das Mikro-Quartier liegt in der Altstadt,
  • Verschiedene Akteure können miteinander ins Gespräch kommen (Schulen THS und EKS, das Jugendzentrum, die Stadtgesellschaft, die Verwaltung u.v.a.), wie sie das Quartier und die Räume gemeinsam und mit welchen Aktionen entwickeln möchten. Dabei überzeugte den WANDELrat wohl auch das Engagement und der Sachverstand der Schülerinnen und Schüler der THS und EKS, den sie mit der Ausstellung bewiesen haben.
  • Man kann die unterschiedlichen Akteure zu einer Zukunftswerkstatt einladen und sich auch über eine erste Idee eines außerschulischen Lernortes im Zaubergarten verständigen.
  • Jedes WANDELrat-Mitglied könnte Patin/Pate für eine Idee/ ein Thema werden.

Dabei sollte die Frage, so Stephan Willinger, die die Bürgerinnen und Bürger leitet, lauten: „Was kann ich als Bürger für meine Stadt tun? Und nicht der Bürgermeister sei hauptsächlich verantwortlich für den Stadtentwicklungsprozess, sondern die Stadtgesellschaft.“

Dr. Nico Ritz freute sich auf die gemeinsamen Herausforderungen und blickte optimistisch in die nahe Zukunft: „Mit dem Förderprogramm „Sozialer Zusammenhalt“ haben wir als Stadt aktuell die Möglichkeit, Projekte im Bereich der südlichen Altstadt umzusetzen. Wir verfügen damit über konkretes Realisierungspotential“. (di)