100. Todestag des Künstlers Heinrich Otto

Ein Bild von Heinrich Otto kehrt heim

Privater Arbeitskreis zu Leben und Werk Ottos

Selbstporträt von Heinrich Otto.

Da staunte Delf Schnappauf (75) aus Homberg-Wernswig nicht schlecht, als er im Sommer 2020 den Anruf von Frau Dr. Büttner, einer am Bodensee lebenden älteren Dame erhielt:
Sie sei nun in einem Alter, wo es Zeit wäre, den Nachlass zu regeln. Sie selbst stamme aus Nordhessen und aus dieser Zeit besitze sie ein großes Ölgemälde des Künstlers Heinrich Otto (siehe Kasten unten), das eine Abendmahlsszene in der Wernswiger Kirche zeige. Ihre Kinder hätten keinen Bezug zu dem Bild von Heinrich Otto, und daher wünsche sie, dass das Bild „dorthin, wo es hingehört“, nämlich in die Kirche in Wernswig zurückkehre.

Delf Schnappauf war sofort Feuer und Flamme. Auch Doreen Göbel, Pfarrerin in Wernswig, war begeistert, zeigt das Bild doch den Altar und die Abendmahlsutensilien, die noch heute in der Kirche verwendet werden. Selbst eine auf dem Bild erkennbare Gedenktafel der Gefallenen des Krieges 1870/71 fand sich am Aufgang zur Empore der Kirche.
Heinrich Otto hat das Bild 1887 gemalt. Von dem Gemälde existiert noch eine weitere Fassung, die aus dem Jahr 1888 datiert und sich im Bestand der Museumslandschaft Hessen Kassel befindet.
Da das Gemälde restaurierungsbedürftig war, erstellte Doreen Göbel zunächst einen Spendenaufruf im „Kirchenblättchen“ des Kirchspiels Wernswig/Sondheim/Waßmuthshausen/Rodemann/Allmuthshausen/Leuderode.

Außerdem bildete sich ein privater Arbeitskreis, dem neben Delf Schnappauf und dem Kunsthistoriker-Ehepaar Horst und Hille Oltmer aus Homberg-Mühlhausen auch unmittelbare Nachkommen Heinrich Ottos angehören, um mehr über Leben und Werk des Künstlers in Erfahrung zu bringen.
Am 13. Mai 2023 um 14 Uhr ist es nun soweit: Exakt am 100. Todestag des Künstlers soll das frisch restaurierte Gemälde im Rahmen eines Festgottesdienstes der Wernswiger Kirche übergeben werden und dort seine endgültige Heimat finden. Neben den Mitgliedern des Kirchspiels und Vertretern der Sponsoren sind auch alle willkommen, die sich dem Werk Heinrich Ottos verbunden fühlen. Aus Anlass des 100. Todestages hat der Arbeitskreis auch eine Serie von 12 Postkarten mit Motiven aus dem Werk Heinrich Ottos aufgelegt, die nach dem Festakt käuflich erworben werden können.
Für den Arbeitskreis ist es von besonderem Interesse, ob jemand auf dem Abendmahl-Gemälde dargestellte Personen erkennt und benennen kann. Bei dem Pfarrer dürfte es sich um Johannes Sangmeister handeln.
Beiträge zu Themen rund um Heinrich Otto sind jederzeit willkommen. Sie wissen mehr? Nehmen Sie Kontakt auf: Email.

Das Elternhaus Heinrich Ottos. Von dem Maler und Bildhauer gemalt.


Heinrich Otto (06.07.1858 - 13.05.1923)
Heinrich Otto wurde am 06.07.1858 als zweites Kind des Landwirts und Fruchthändlers Johannes Otto und seiner Frau Anna Gertrude, geb. Scheibeler, in Homberg-Wernswig geboren.
Mit 14 Jahren begann Heinrich Otto eine Bildhauerlehre in Kassel und wurde 1878 in die Bildhauerklasse von Karl Hassenpflug aufgenommen. Anschließend war er für zwei Jahre Schüler an der Kasseler Akademie (der heutigen Kunsthochschule Kassel) und besuchte ab 1881 regelmäßig die Willingshäuser Malerkolonie, deren Mitglied er später auch wurde. 1889 zog er nach Düsseldorf und trat dort dem noch heute bestehenden Künstlerverein „Malkasten“ bei, deren Vorstandsmitglied er zeitweise war. Es entwickelte sich ein enger Kontakt zwischen der Willingshäuser Malerkolonie und dem Malkasten. Man traf sich regelmäßig in den Sommermonaten in Willingshausen, um dort in der Natur zu malen und zu zeichnen.
Außer in Willingshausen und Düsseldorf arbeitete Heinrich Otto am Niederrhein und in der Eifel. Neben Ölgemälden und Zeichnungen wandte er sich der Lithografie und den Radierungen zu. Für seine Lithografie „Mondnacht“ erhielt er 1901 in Dresden die Goldene Staatsmedaille.
Der familienverbundene Heinrich Otto kehrte immer wieder nach Wernswig zurück - nicht nur, um zu malen und zu arbeiten. Er übernahm im Ersten Weltkrieg den nunmehr seinem Neffen gehörenden Hof, der zum Kriegsdienst eingezogen worden war, da sein Bruder bereits 1911 im elterlichen Anwesen tödlich verunglückte. Von dort aus reiste er auch immer wieder nach Willingshausen, um zu arbeiten und sich mit den befreundeten Künstlern der Malerkolonie zu treffen. Heinrich Otto gilt als einer der bedeutendsten Zeichner und Radierer seiner Zeit. In Düsseldorf, wo er zwischenzeitlich zum Professor an der dortigen Kunstakademie berufen worden war, starb er am 13. Mai 1923 an den Folgen einer Lungenentzündung. (Joachim H. Schlutz, Gaimersheim)