Bild vom Rathaus

tag des offenen Denkmals

Eröffnung der Sonderausstellung über den Reformator Thomas Müntzer im Haus der Geschichte

Volksheld, Fanatiker oder Phantast: Thomas Müntzer 

Sein dramatisches Nachleben in der deutschen Dichtung

Die Eröffnung der Sonderausstellung „Volksheld, Fanatiker oder Phantast: Thomas Müntzer und sein dramatisches Nachleben in der deutschen Dichtung“ fand mit einer Führung am 14. September (Tag des offenen Denkmals) im Haus der Geschichte, Marktplatz 16, statt. Sie ist leider nur kurz vom 14. bis 21. September 2025 zu sehen. Während des Vortrags von Prof. Dr. Jürgen Schulz-Grobert, mit dem er diese interessante Sonderausstellung eröffnete, wurde deutlich, wie unterschiedlich der Reformator Thomas Müntzer nach seinem Tode in der Rezeptionsgeschichte seiner Person und seines Werkes in den jeweiligen unterschiedlichen geschichtlichen Bezügen interpretiert, ja benutzt wurde.

Prof. Dr. Schulz-Grobert: „Wohl kaum eine andere Persönlichkeit ist in der deutschen Geschichte so umstritten wie Thomas Müntzer, der genau vor fünfhundert Jahren nach dem blutigen Ende des Bauernkrieges als Rebellenführer hingerichtet worden ist. Schon unmittelbar nach Müntzers Tod liefern noch im Jahr 1525 die führenden Vertreter des Protestantismus wie vor allem Martin Luther und Philipp Melanchthon in bitterbösen Pamphleten vernichtende Anklageschriften gegen ihren einstigen Mitstreiter Müntzer nach. Für die hessische Landeschronistik des um 1495 in Homberg (Efze) geborenen Wigand Lauze sind diese Anti-Müntzer-Pamphlete wichtige Quellen, deren polemischen Ton Lauze allerdings nicht übernimmt und auch bei einigen Details der tendenziösen Darstellung Zweifel anmeldet. Weit weniger kritisch verfährt demgegenüber sein berühmter Zeitgenosse und Burggraf von Spangenberg Hans-Wilhelm Kirchhof (geb. Kassel 1525) in seiner gereimten Biografie Philipps des Großmütigen aus dem Jahre 1567.

Ausgehend von diesen frühen nordhessischen Müntzer-Bildern in der Literatur, denen sich auch Wilhelm Dilich (Wabern 1571) mit seiner „Hessischen Chronica“ von 1605 zugesellt, dokumentieren die Bild- und Buchexponate der Sonderausstellung den Weg des literarischen Müntzer-Bildes vom protestantischen Anti- zum fortschrittlichen Volks-Helden. Ein positives Profil bekommt Müntzer übrigens keineswegs erst in der ehemaligen DDR. Wichtige Weichen in dieser Richtung werden schon im 19. Jahrhundert im Umfeld der Revolution von 1848 gestellt. Eine besondere Müntzer-Resonanz für die damalige BRD erschafft auch der Schriftsteller Dieter Forte, der mit seinem erfolgreichen Stück „Martin Luther und Thomas Müntzer oder die Einführung der Buchhaltung“ (UA, Basel 1970) in einer exemplarisch dokumentierten Traditionskette der Gattung Geschichtsdrama steht.“

Mit dieser sehr interessanten Darstellung der Rezeptionsgeschichte und des sich wandelnden Müntzer-Bildes in der Sonderausstellung leistet Prof. Dr. Jürgen Schulz-Grobert einen wichtigen aufklärenden historischen Beitrag und öffnet ein Fenster, durch das der Geschichtsinteressierte einen Blick werfen kann auf die tatsächlichen und politischen Intentionen der Reformatoren und Rezipienten im Umgang mit dem geistigen und geistlichen Vermächtnis Thomas Müntzers. (di)